Michael Schultz Daily News Nr. 993
Michael Schultz Daily News Nr. 993
Madrid, den 5. August 2015 jetzt endlich haben wir unser heimatliches Sommertheater: Generalbundesanwalt Harald Range, oberster Ankläger im Land, musste wegen einer völligen Fehleinschätzung seiner Unabhängigkeit gehen. Die ˈTAZˈ betitelt diesen Vorgang in ihrer heutigen Ausgabe mit 'Dringende Bitte um Rauswurf. Umgehend erledigt'. Im Zusammenhang mit dem Possenspiel um die Ermittlungen gegen zwei Journalisten des Blogs ˈNetzpolitik.orgˈ, gegen die wegen der Veröffentlichung streng geheimer Papiere unter dem Verdacht des Landesverrats ermittelt wird, eskalierte das Verhältnis zwischen dem Generalbundesanwalt und seinem obersten Dienstherrn Justizminister Heiko Maas. Range verwehrte sich in einer Pressekonferenz gegen den ˈunerträglichen Eingriff in die Unabhängigkeit der Justizˈ, und meinte damit die Einmischung des Justizministers. Doch Harald Range liegt falsch, sein Chef anscheinend richtig, und deshalb musste er gehen. Nicht er steht über dem Recht, es ist der Justizminister. Ganz so unabhängig, wie das landläufig angenommen wird, ist also die Justiz dann doch nicht. Der Staatsrechtler Joachim Wieland, Rektor der Deutschen Universität für Verwaltungswissenschaften in Speyer sagte dazu in einem Fernsehinterview: 'Anders als die Richter unterliegt Range als Staatsanwalt nun mal Weisungen', und zwar denen seines Ministers. Nur die Richter im Land sind unabhängig, nicht aber die Ankläger. Der 'Berliner Tagesspiegel' schreibt dazu heute: 'Der Justizminister durfte also den Generalbundesanwalt anweisen, jenes Gutachten zu stoppen, von dem sich Range versprach, dass es Ermittlungen gegen Journalisten wegen Landesverrats stützen würde. So brach ihm die letzte Stütze weg. Sein Urteil hat sich Range selbst gesprochen. Und was geschieht jetzt mit dem Verfassungsschutz-Präsidenten? Die Verhandlung im Fall Hans-Georg Maaßen hat begonnen'. Dem öffentlich gescholtenen Justizminister blieb gar nichts anderes übrig, als seinen Untergebenen in den Ruhestand zu versetzen. Ob er selbst aber schadlos aus der Affäre herauskommt, das ist noch nicht gesichert. Die Stelle war schneller besetzt als sie frei wurde. Noch bevor Range seine Papiere bekommen hat, wurde als sein Nachfolger der Münchner Generalstaatsanwalt Peter Frank berufen. Die Grünen sprechen von einem Bauernopfer, die Linke erwägt gar die Einsetzung eines Untersuchungsausschusses. Aufgrund der in aller Öffentlichkeit ausgetragenen Schelte blieb dem Justizminister keine andere Wahl, als die der fristlosen Kündigung. Wegen einem Zerwürfnis mit seinem Dienstherrn winselte der Generalbundesanwalt geradezu um seine Entlassung, und das tut er so, dass die Kratzspuren an seinem Vorgesetzten haften bleiben. Zugegeben ein starker Auftritt, in dem der Entlassene einen eindrucksvollen Eindruck hinterließ. Weil die Nachrichtenlage augenblicklich ohnehin etwas dünn ist, bringt uns das Justizspektakel gut über den Sommer. Die ersten Rücktrittsforderungen wurden schon laut - aus der Tiefe des Parlaments, weil die Stammmannschaft im wohlverdienten Urlaub ist. Wolfgang Bosbach hat sich dem Vernehmen nach noch nicht dazu geäußert, sein Kommentar aber kommt mit Sicherheit. Patrick Sensburg, Rechtsexperte der CDU, mahnt unterdessen Justizminister Heiko Maas zur Zurückhaltung. Generalbundesanwalt Harald Range habe Recht, wenn er sich gegen eine Einflussnahme der Politik wehrt, sagt Sensburg. Der Justizminister habe über einen längeren Zeitraum die Möglichkeit gehabt, die Rechtsauffassung seines Hauses dem Generalbundesanwalt darzulegen. Unterm Strich sollte aber die Rechtsauffassung des Generalbundesanwalts entscheidend sein, erklärt Sensburg. Juristische Einschätzungen gibt es heute auch aus dem Hause der Kulturstaatsministerin: Monika Grütters reagiert auf SAP-Mitgründer Hasso Plattner, der gedroht hat, seine Kunstsammlung abzuziehen, sollte das neue Kulturgutschutzgesetz in Kraft treten. Seine Ankündigungen seien nicht nachvollziehbar, teilt Grütters Sprecher Hagen Philipp Wolf mit. Die Bedenken von Plattner bezüglich seiner Kunstsammlung in Potsdam seien vollkommen unbegründet und hätten nichts mit der Novellierung des Kulturschutzgesetzes zu tun. In der Erklärung gab es viel Kauderwelsch - nicht zu Verstehendes, womit die Befürchtungen der Sammler auch weiterhin ungeklärt bleiben. Doch am Ende wird der Tunnel hell, und so bleibt zu hoffen, dass Monika Grütters eine Verordnung aus der Tasche zieht, in deren Präambel die Freiwilligkeit festgeschrieben ist und somit eine für alle Seiten passable Lösung auf den Tisch kommen wird. Sommerliche Grüße aus Madrid. Auch dort gibt es Skandale und Skandälchen. Das Land jedoch ist dabei, sich von seiner großen wirtschaftlichen Krise zu erholen. Sind die Signale im Kunstmarkt angekommen, dann geht es aufwärts. |
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