Michael Schultz Daily News Nr. 964

Michael Schultz Daily News Nr. 964

Berlin, den 25. Juni 2015

die kritische Kommentierung über den nicht mehr zeitgemäßen Auftritt der britischen Königin Elisabeth II fand durchweg Zustimmung. Unterdessen werden immer mehr Details über ihren merkwürdigen Umgang mit der Realität bekannt. Großen Wert legt sie wohl auf festgeschriebene Formen der Kommunikation; sie fragt und ihr Gegenüber antwortet. Nach diesem Schema verlaufen die Gespräche, ein Versuch die gute alte Dame in eine Unterhaltung zu verwickeln, geht gar nicht. Die Gespräche werden sofort abgebrochen; gröbster Verstoß gegen die Etikette ist es, die Queen mit einer Frage nach ihrem Wohlbefinden zu konfrontieren. Auf solche Ungeheuerlichkeiten reagiert sie unverblümt mit Missachtung. Einer englischen Königin geht es immer gut; wer das nicht weiß ist ihrer nicht würdig.

Ihre skurrile Erscheinung beschäftigt die Menschen. Sogar die Spießbürger beteiligen sich daran und rätseln, ob denn zwischen ihr und dem Herzog von Edinburgh noch was geht. Ja, man macht sich Gedanken darüber, warum ihre ganze Erscheinung der Zeit so weit entrückt ist, dass es fast schon wieder gut ist. Wie eine Heilige will sie behandelt werden, und das offizielle Deutschland tut dies. Schön anzusehen allerdings ist dies nicht.

Immerhin haben wir unsere Kanzlerin gestern erstmals englisch sprechen hören. Mit Blick auf Osten und vom Dach des Kanzleramtes aus, erklärte sie der alten Dame von woher sie stammt. Zuvor war man in einem Bötchen ein wenig über die Spree geschippert, und anschließend ging es zum Bundespräsidenten, der zum Galadinner lud. Eine feine Gesellschaft, die da zusammenkam; ganz weit entfernt von dem, was wirklich los ist. Kino eben. 

Angesichts der vielen Milliarden, die für die Aufrüstung der Bundeswehr gerade ausgegeben werden, sind die Kosten für den Besuch der Queen dagegen Peanuts. 4,3 Milliarden Euro werden in den Ankauf von 350 Puma-Schützenpanzern investiert; das Modernste, was es wohl gerade auf dem Markt gibt. Dieser Deal erinnert an die materialistische Mobilisierung während des Kalten Kriegs. Alles von dem  allerdings was damals zur Verteidigung unserer Heimat beschafft wurde, landet heute und ohne kriegerische Verwendung auf dem Müll.

Zum Üben für die Soldaten wurden die Waffen beschafft, und das ist auch in Ordnung. Der befürchtete Ernstfall ist nicht eingetreten, und dazu wird es wohl auch nie kommen. An der fragilen Süd-Ost Flanke Europas, dort wo die Grenzen beschützt werden müssen, empfiehlt unsere Kanzlerin mehr oder weniger unverblümt, zur Konsolidierung des Haushalts der griechischen Staatsregierung am Wehretat zu sparen. Weg mit den unnötigen Ausgaben für Waffen und Kriegspersonal, gute Ratschläge, deren Befolgung auch uns gut zu Gesichte stehen würde. 

Aus Afrika könnte man mit diesem vielen Geld Hunger und Elend für ein ganzes Jahr verbannen. Man könnte aber auch, eine Idee aus Künstlermund, eine Brücke übers Mittelmeer errichten, um den völkerrechtlich verbrieften Zugang zum Abendland zu vereinfachen. Stacheldraht, Mauern, Grenzen und Panzer sind eben auch aus dieser entrückten Zeit, die uns augenblicklich so verwirrt.