Mit Flügeln versehene Fabeltiere, vermutlich eine Rinderherde, die aus Holz geschnitzt und mit asiatischem Lack bemalt ist, schwebt schwerelos durch den Raum. Der koreanische Künstler Kim Sang-Yeon hat diese in seinem, mitten in der Natur gelegenen, Atelier geschaffen und verbindet mit den Kreaturen seine Wahrnehmungen außerhalb des Studios mit denen, die er innerhalb des Studios erlebt. Das Fabelwesen könnte eine Mischung zwischen den vor dem Atelier weidenden Rindern sein und den im Gebäude mitlebenden Fledermäusen. Von beiden gibt es Unmengen in seiner unmittelbaren Umgebung.
Der Titel der Ausstellung Disentanglement bedeutet wörtlich übersetzt Befreiung, Entwirrung; symbolisch stehen die geflügelten Rinder für die Lösung von Problemen, die Erringung von Emanzipation und Freiheit. Rinder wurden seit der Jungsteinzeit zunächst wegen ihres Fleisches, später auch wegen ihrer Milch und Leistung als Zugtier domestiziert. Sie galten als dem Menschen wohlgesinnte Tiere und erschienen so auch in Mythen, Legenden und Märchen. Ihre Bedeutung hat sich in der kapitalistischen Gesellschaft geändert. Sie werden jetzt nur noch als Lebensmittel- und Lederlieferanten angesehen. Kim Sang-Yeon zitiert in seiner Kunst den ursprünglichen Stellenwert des Viehs. Unsere heutige Gesellschaft ist gekennzeichnet durch Konflikte, Spannungen und extremen Individualismus. Die Fledermaus, und darauf kommt es ihm an, hat trotz ihrer verborgenen Existenz, eine größere Freiheit in unserem Universum. Mit seiner Mischung will der Künstler zeigen, dass die naive, ehrliche Herangehensweise der Tiere eine Methode für den Menschen sein könnte, Probleme der Gesellschaft zu lösen.
Als Ergänzung zur raumgreifenden Installation wird in der Ausstellung Malerei aus seiner aktuellen Produktion gezeigt. Auch in dieser verfolgt er die Sehnsucht nach einem stressfreien Leben in der Natur.
Kim Sang-Yeon studierte westliche Malerei an der Chonnam National University, Gwangju und besuchte die Graduiertenschule an der Central Academy of Fine Arts, Beijing. Bereits 2006 nahm er an der bedeutenden Gwangju Biennale teil.