Die abgebildeten Landschaften Kaluzas, zumeist Großformate, scheinen sich in einer unwirklichen Ferne zu verlieren, der Weißanteil nimmt im Hintergrund zu, bis die letzten Konturen nur noch zu erahnen sind.
Im Vordergrund hingegen herrscht eine genaue Maltechnik – vom Grashalm zu Laub und Gestein ist alles Sichtbare minuziös nachempfunden.
Mit dieser Detailliebe mag man dem Künstler eine Bewunderung für die immanente Ästhetik der Natur attestieren, nicht minder aber auch Respekt; --‐ Kaluza wäre nicht der erste Maler, der sich vor der Natur verneigt und im Nachempfinden eine Sinnsuche betreibt – aber auch eine Sehnsuchtssuche. Nahezu allen Bildern ist eine ausgeprägte Tiefenwirkung gemein; mehrfach sind es Flüsse oder Seen, die auf den Horizont zulaufen, also durchaus Szenarien, die in ihrem eigenen Verschwinden bewusst an spätromantische Motive und Ideale erinnern, an die Vergänglichkeit, mitunter auch Flüchtigkeit des Lebens. Das Idyll --‐ heute eine heimelige Vorstellung für notorisch Überzivilisierte, die es immer wieder sonntags an den plätschernden Bach im Park zieht; aber ebenso bauch ein Ventil des Innehaltens und Reflektierens zum eigenen Ich: das Idyll ist immer retrospektiv und in der Vergangenheit verankert --‐ Erfahrungen, die z.B. in der Kindheit gemacht wurden, kommen dem Erwachsenen als positiv und sehnsuchtsvoll daher, obwohl dies nicht der Wahrheit entsprechen muss – das Idyll geht Hand in Hand mit der Infiltration der Zeit... die bekanntlich alle Wunden heilt. So führt uns das paradiesische, landschaftliche Idyll zuerst einmal unsere eigene(mitunter sehr persönliche) Sehnsucht nach Schönheit und Reinheit vor Augen. Nicht zuletzt aus diesem Grund sind in Kaluzas Bildern nur selten oder gar nicht menschliche Einflüsse, wie z.B. architektonische Elemente, zu finden; obwohl sie auf seinen fotografischen Vorlagen vorhanden sind, blendet er sie in seinen Gemälden bewusst aus, die Landschaften rücken also „zurück“ in den Urzustand ihrer selbst. Und sie verschwinden.
In jedem Bild, in jedem Blickwinkel, immer wieder eine neues, anderes Verschwinden. Allein in diesem Verschwinden liegt der Eingriff und somit die augurische Interpretation der Malerei, zeigt das Vergehen durch den sich abzeichnenden Untergang dessen an, was wir da großformatig sehen.
Eine Natur, die sich von uns, dem Menschen, immer mehr entfernt, quasi im eigenen Untergang ihr besonderes Eigenleben entwickelt, so, als hätte es mit uns nichts mehr zu tun.
Die bekannten Assoziationen gehen einem hier natürlich durch den Kopf – der Klimawandel, die Radikal-Ausbeutung der globalen Natur, die wir heute nicht mehr zu schätzen wissen, oder in deren Kooperation wir erst noch zu leben lernen müssen; der Mensch, so scheint, es, hat auf diesem Planeten seine eigene Blase definiert, aus der er teilnahmslos und mitunter arrogant auf die Wälder herabsieht, aus denen er kam. Kaluzas Bilder funktionieren, wie von ihm gewohnt, immer zweigleisig – die Form ergänzt den Inhalt und umgekehrt, so ist auch hier die Auswahl der landschaftlichen Motive nicht dem Zufall überlassen.
Sicher, Titel, wie u.a. „Schottische Landschaft“, „Skandinavische Landschaft“, verweisen Auf die Reisen, während derer er seine verlassenen Landstriche fand; andere Titel muten untrainierter an: „Sola“ und „Oswiecim“ erschließen sich nicht sofort, bedeuten dafür um so mehr. Der Fluss Sola fließt direkt an der Gedenkstätte Auschwitz I des heutigen Oswiecim in Südpolen, es sind nur wenige Meter vom Stacheldraht des ehemaligen KZs bis zu den idyllisch anmutenden Ufern dieses Flusses. Als Kaluza im vergangenen Sommer die Fotos, die Vorlagen zu seiner Malerei, dort machte, waren es um die 30 Grad und die Bewohner Oswiecims, zumeist Familien, gingen zum Baden an den Fluss. Derart sind fröhlich wirkende Aufnahmen einer Flusslandschaft entstanden, die
Einem in gewisser Weise „im Halse stecken bleiben“, sind wir uns doch bewusst, dass wir Namen wie Auschwitz kaum mit einem Idyll in Verbindung bringen können und wollen. Es sind also vermeintliche Idyllen, die wir da sehen, eine Oberflächenmatrix des Schönen.
Zur Hinterfragung dient – in wie weit ist Bildern zu trauen, wie sehr ist unser Schönheitsempfinden vom (besseren) Wissen abgekoppelt? Nicht zuletzt durch diese Fragestellungen rückt Kaluzas Malerei in die Nähe der sehr inhaltlich gelagerten Konzeptkunst und verweist auf den Titel The Disappeared.
Was ist in diesen Bildern Wirklich verschwunden?
Manche Orte geben den Hinweis.