Michael Schultz Daily News Nr. 991
Michael Schultz Daily News Nr. 991
Berlin, den 3. August 2015 Bayreuth feiert seine Helden. Deutlich differenzierter als in der Vergangenheit, dafür umso heftiger. So wurde 'Der Ring' unter der musikalischen Leitung von Kirill Petrenko, dem designierten Chef der Berliner Philharmoniker, zum Triumph des Dirigenten. Zum Abschluss des Opernvierteilers mit der 'Götterdämmerung' gab es auf dem Bayreuther Hügel lauten Jubel für Petrenko. Gefeiert wurden auch ausnahmslos die Sänger. Etwas verhaltener reagierte das fachkundige Publikum auf Frank Castorfs Regie; mehr Buhrufe als Applaus gab es für seine bereits dritte 'Ring'-Inszenierung. Die Zeit der braven Dauerclaqueure gehört der Vergangenheit an. Durch eine der Zeit angepasste Kartenpolitik wurde der Zugang zum Wagner-Festival auch fürs Fachpublikum erleichtert. Im Streit um das durch Monika Grütters überarbeitete und umstrittene Gesetz zum Schutz von Kulturgütern steht der Ministerin neuer Ärger in Haus. Hasso Plattner, Mitbegründer des Softwaregiganten SAP, drohte mit Konsequenzen wenn das Gesetz in der jetzt bekannten Form beschlossen wird. Seine umfangreiche Privatsammlung mit Meisterwerken des Impressionismus und der Klassischen Moderne will er dann nicht mehr wie vorgesehen, dauerhaft in seinem in der Planung befindlichen Potsdamer Museum unterbringen. Es droht der Wegfall der wichtigsten und wertvollsten seiner Sammlungsbestände, so Plattner in einem Interview mit den 'Potsdamer Neuen Nachrichten'. Nach Information des 'Spiegel' wurde gegen den Willen der Rheinland-Pfälzischen Landesregierung ein in Privatbesitz verwahrter Goldpokal aus dem 17. Jahrhundert ins Ausland gebracht. Ein Sprecher des Kulturministeriums bestätigte den Vorfall. Der 1610 einst für Kaiser Rudolf II. angefertigte Goldpokal soll einen Schätzwert von ca. 10 Millionen Euro haben. Vermutlich wurde dieser über Großbritannien in die USA verbracht. Ob, und in welchem Zusammenhang der Kunstguttransfer mit der angekündigten Gesetzesnovelle in Verbindung steht, konnte nicht in Erfahrung gebracht werden. Allerdings sei hier anzumerken, dass man grundsätzlich darüber nachdenken sollte, wie Relikte früherer Staatsformen für die Allgemeinheit erhaltenswert geschützt werden können. Die Herrscherhäuser des deutschen Hochadels verkörpern unsere Geschichte, und in diesem Sinne waren sie keine Privatunternehmen, auch wenn sie das Land als solches organisiert haben. Hier würde eine gesetzliche Regelung hilfreich den Ausverkauf Deutscher Geschichte verhindern. Private Sammlungen hingegen unterstützen den vom Staat gewollten Verbleib. Das tun sie freiwillig. seit jeher, und daran sollte nicht gerüttelt werden. Das in Berlin geplante Museum der Moderne soll nach Einschätzung von Kulturstaatsministerin Grütters bis zum Jahr 2021 fertig sein. Nach der Freigabe der ersten Mittel im Haushaltsausschuss des Bundestages, könne noch im August der Ideenwettbewerb starten. Das ambitionierte Vorhaben soll die Kunst des 20. Jahrhunderts und die drei privaten Sammlungen von Erich Marx, Ulla und Heiner Pietzsch und Egidio Marzona aufnehmen. Die Privaten stiften auch hier, das tun sie freiwillig, und der Staat verwahrt in Würde. So funktioniert verantwortungsvolles Gemeinwesen. Nach vorne denken muss man in der Politik nicht unbedingt. Wer mit der Zeit geht, folgt den Erwartungen und Bedürfnissen der Gesellschaft. Verordnungen in denen Grundrechte angetastet werden, waren schon immer nichts Gutes. Dazu gehören im Besonderen Eingriffe in das Persönlichkeits- und Eigentumsrecht. Zum Schutze seiner Bürger hat sich der Staat per Grundgesetz dazu verpflichtet. Jedes, auch noch so winzige Rütteln an den Grundfesten unserer Demokratie muss mit Argusaugen beobachtet werden. Die Exekutive wird das zu verhindern wissen; aber muss es dazu erst kommen? Der von der Kulturministerin ersatzlos gestrichene 'Runde Tisch' könnte Licht ins Dunkel bringen, und die Wogen wieder glätten. Der Sommer dafür bietet beste meteorologische Voraussetzungen. |
|
|