Michael Schultz Daily News Nr. 977
Michael Schultz Daily News Nr. 977
Berlin, den 14. Juli 2015 Angela Merkel gilt ja schlechthin als die Kanzlerin der Demoskopie. Rund 62 Prozent ihrer deutschen Wahlbürger haben sich gestern in einer Blitzumfrage für eine weitere Unterstützung Griechenlands ausgesprochen. Gut möglich, dass dies auch der Grund für ihre Entscheidung war: 'Merkel rettet Griechenland mit unserem Geld', so steht es heute auf der Frontseite der 'Bild'. In einem dritten Hilfspaket sollen nochmal 80 Milliarden Euro in das gebeutelte Land transferiert werden, im Gegenzug musste sich der griechische Ministerpräsident Tsipras deutlich dem Brüsseler Diktat beugen. Nun wird im Athener Parlament darüber beraten und abgestimmt. Bei Zustimmung, und davon ist auszugehen, müssen diverse europäische Parlamente in den Diskurs gehen und ihren Regierungen grünes Licht geben, dann geht es in die Feinabstimmung mit den Kreditnehmern. Bis das Geld fließt, kann es drei Wochen dauern, für die sofortige Hilfe soll ein Brückenkredit dafür sorgen, dass ab morgen womöglich die Banken wieder geöffnet werden können. Auch bei uns im Land muss der Bundestag zusammenkommen; zweimal sogar. Ohne die Zustimmung der Abgeordneten darf die Kanzlerin keine verbindlichen Zusagen über weitere Finanzhilfen und schon gar nicht über ein drittes Hilfsprogramm abgeben. Innerhalb der Union gibt es einen harten Kern der Ablehner, die lieber heute als morgen Griechenland aus dem Euro verbannen wollen. Doch der von Wolfgang Schäuble ins Spiel gebrachte und schnell wieder verworfene 'Grexit' auf Zeit hat die Gemüter der Hardliner etwas beruhigt, und so ist davon auszugehen, dass die Union aus eigener Kraft der Kanzlerin Vollmacht zur Auszahlung erteilen wird. ___________________
Schock und Trauer verursachte im offiziellen Berlin die Meldung über den plötzlichen Tod des CDU-Abgeordneten Philipp Mißfelder. Mit nur 35 Jahren ist er in der Nacht zum Montag völlig überraschend an den Folgen einer Lungenembolie gestorben. Als außenpolitischer Sprecher seiner Fraktion hat er sich weltweit Anerkennung und große Verdienste erworben. Die Regierung Israels würdigte ihn als wahren Freund des Staates Israel und des jüdischen Volkes. Die CDU verliert mit ihm den größten Hoffnungsträger, womöglich einen der späteren Kanzlernachfolger von Angela Merkel. Als Freigeist hat er auch immer wieder unangenehme Positionen ergriffen, die zwar zu heftigen Auseinandersetzungen führten, ihn aber letztlich von seinem Weg nicht abgebracht haben. Seine Teilnahme an den von Wladimir Putin mitorganisierten Petersburger Geburtstagsfeierlichkeiten zum 70sten von Gerhard Schröder brachte ihm zu Hause viel Schelte ein. Fast hätte ihn das die Karriere gekostet. Doch die Besonnenheit und der Weitblick einiger weniger Parteifreunde haben ihn davor bewahrt. Besonders dort in der Welt, wo Hilfe dringend nötig war, hat sich Philipp Mißfelder engagiert. Partei- oder auch Blockdenken war seine Sache nicht; wenn Not am Mann war, gab es für ihn keinen Fraktionszwang. Als langjähriger Vorsitzender der Jungen Union hat Mißfelder viel dazu beigetragen, dass sich in der jüngeren Generation seiner Partei eine Gruppe von Politikern etablieren konnte, die die Probleme der Zeit reflektieren und sich ihrer annehmen. Sein Beitrag am Wandel der CDU von einer konservativen Wertegemeinschaft zu einer modernen Staatspartei ist unverkennbar. In einer ersten Stellungnahme würdigte Angela Merkel seine Verdienste für Partei und Staat. Tiefe Betroffenheit zeigten auch zahlreiche Politiker anderer Parteien. Ihre Gedanken seien jetzt bei seiner Frau und seinen beiden kleinen Kindern. Am Freitag dieser Woche wird für Philipp Mißfelder in der katholischen Berliner St. Hedwigs-Kathedrale eine Totenmesse abgehalten. Auch ich verliere einen Freund.
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