Zürich, den 15. Juni 2015
Liebe Freunde,
heute Nachmittag schon beginnt der Eröffnungsreigen rundum um die diesjährige 'Art Basel'. Zur Vorbesichtigung der Auserwählten eröffnet die 'Unlimited' am Nachmittag ihre Pforten; auch die Satelliten rüsten sich zum letzten großen Ansturm vor der Sommerpause. Vorneweg die 'Volta Show', die heute gleich dreimal eröffnet: von 10 bis 14 Uhr für die Special VIPs, dann von 14 bis 17 Uhr für die weniger wichtigen VIPs und fürs einfache Publikum in der Zeit zwischen ebenfalls ab 14 Uhr dafür aber bis 19 Uhr. Warum so kompliziert, wenn es auch einfach geht: wer heute bereits um 10 Uhr vor der Tür steht und keine Einladung vorweisen konnte , wurde in den vergangen Jahren noch nie abgewiesen (Markthalle am SBB).
Morgen und ebenfalls in mehreren Etappen werden die Türen zur Art Basel geöffnet: zum ersten Blick (First Choice) und für die besonders Betuchten schon ab 11 Uhr; die eigentliche Preview beginnt um 15 Uhr, und wer bis dahin nicht alles gesehen hat, wird erstickt von der Masse der Besucher. In Basel, so sagt man, wird der Umsatz gleich in den ersten Stunden gemacht. Wer dies nicht schafft, der schaffts auch nicht bis zum Ende. Wenn die Galerieeigner bereits am zweiten Tag auf der Messe nicht mehr zu sehen sind, dann war es richtig gut.
Morgen dann wissen wir es, bis dahin ordnen wir unsere Dinge. In Zürich mit Kunden und Künstlern, in Basel mit der ersten Stippvisite. Doch die Schweiz wäre nicht die Schweiz, wenn es dort die FIFA und Sepp Blatter nicht gäbe. Dieser hat gestern in einem Gespräch mit der 'Schweiz am Sonntag' verlauten lassen, dass ihn die Fußballverbände aus Asien und Afrika ermutigen, gar bedrängen, weiterzumachen. Darüber lohne es, nachzudenken, und das will er jetzt auch tun. Gut möglich, dass Blatter seine fünfte Amtszeit doch noch schafft; die Kritiker um ihn herum positionieren sich in sicherer Deckung, keiner will dem gefallenen König den Todesstoß versetzen.
Doch vergessen wir es nicht: nirgendwo effizienter als in der Schweiz wird direkte Demokratie praktiziert. Das Volk stimmt ab, und die Parlamente setzen die Ergebnisse um. Die Unterlegenen fügen sich dem Votum der Mehrheit; beim nächsten Mal vielleicht gehören dann sie zu den Gewinnern. Jüngst wurde über die Einführung einer Erbschaftssteuer für direkte Nachkommen abgestimmt. Ein heikles Thema, weil in der Schweiz diese Erbschaften bisher steuerfrei sind. Nach ersten Hochrechnungen lehnen mehr als 70% der Bürger des Landes die von einer Volksinitiative geforderte Einführung einer nationalen Erbschaftsteuer ab.
In einer zweiten Volksabstimmung sprachen sich rund 60% für die Legalisierung der Präimplantationsdiagnostik aus. Damit ist der Weg frei, straffreie und legale Untersuchungen an im Reagenzglas erzeugten Embryonen vor deren Einpflanzung in den Mutterleib vorzunehmen. Gefahren für Fehl- oder Todgeburt, aber auch Gendefekte sollen dabei diagnostiziert werden. Bei uns im Land sind Untersuchungen dieser Art seit Juli 2011 eingeschränkt erlaubt.
Im Januar dieses Jahres hatte in einer Nacht- und Nebelaktion die Schweizer Nationalbank den Euro-Mindestkurs aufgehoben und damit dem Schweizer Franken einen schweren Schock zugeführt. Unter der schlagartigen Versteuerung um rund 20% leidet jetzt auch der Arbeitsmarkt: für die nächsten sechs bis neun Monate rechnet der Arbeitgeberverband mit dem Verlust von bis zu 30.000 Arbeitsplätzen. Derzeit 'ruht' die Schweizer Währung im Vergleich zum Euro bei 1.05 Franken, was zu einer sinkenden Exportnachfrage geführt hat. Gut möglich, dass dieses Problem in einer künftigen Volksabstimmung den Bürgern zur Vorlage gereicht wird.
Gut, dass es diese Insel der Volksdemokratie in Europa gibt. Die Geschehnisse dort führen uns immer wieder vor, dass praktizierte Bürgerbeteiligung so schlecht nicht ist. Inklusive so manch schwer nachvollziehbaren Stilblühten.
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