Edi Rama ist sowohl bildender Künstler als auch Ministerpräsident Albaniens. Er versteht es, diese beiden grundlegenden Gegensätze in seinem künstlerischen Schaffen miteinander zu vereinen. Für ihn ist die künstlerische Bearbeitung seiner Kalenderblätter und anderer politischer Schriftstücke unerlässlicher Bestandteil des Alltages. Zur Bewältigung seines immensen Arbeitspensums und der Angst um die politische Verantwortung, die er beim Aufbau einer neuen Gesellschaft in seinem Heimatland Albanien trägt, hilft ihm die Kunst, sich verständlich zu machen.
Auf tausenden von Kalenderblättern hält er seine Gedanken und Eingebungen in farbiger Abstraktion fest; ganz intime Momente. Er selbst beschreibt diese als Ausbruch aus seinem tiefsten Inneren, welchem er Ausdruck zu verleihen versucht. Diese Tageszeichnungen bilden ein visuelles Tagebuch des persönlichen und staatsmännischen Alltags und des Weltgeschehens, jedoch frei von dokumentarischen Inhalten, voller Abstraktion und Dynamik der Linien.
Atelier und Amtszimmer von Edi Rama sind eins. Die illustrierten Gedanken auf den Blättern des Ministerpräsidenten stehen der starren vorgegebenen Grundstruktur seiner täglichen Agenda entgegen und wachsen über die Begrenzung des Blattes und des funktional-linearen Gerüsts hinaus. Wie Blumen die sich durch Asphalt brechen, erobern und sprengen Ramas Formen den auf DIN A4 begrenzten Raum in einer als Kalender normierten Fläche und verleihen dadurch der bevorstehenden, aber auch der vergangenen Zeit, eine neue optische Ebene. Auf diese Weise integriert er seine Kunst in den politischen Alltag – und das politische Geschehen in seine Kunst, die sich wie eine blumig-organische Auseinandersetzung mit seinem nüchtern-politischen Alltag vereint. In der Einzelausstellung 'Les fleurs du calendrier – Kalenderblüten' zeigen wir eine Auswahl aus Edi Ramas Kalenderzeichnungen seit seiner Zeit als Bürgermeister Tiranas.