Michael Schultz Daily News Nr. 969

Michael Schultz Daily News Nr. 969

Berlin, den 2. Juli 2015

das Wetter hat den Griechen ein wenig den Schneid abgekauft; zu diesem Thema kann die Kanzlerin erst mal durchatmen, auch wenn ihr kräftiger Gegenwind aus den eigenen Reihen entgegenbläst. Heute geht es mal wieder um die NSA-Abhöraffäre, Roland Pofalla, ihr einst ergebener Kanzleramtsminister muss vor dem Untersuchungsausschuss erscheinen, und dort erklären, warum er vor rund zwei Jahren das Abhören unserer amerikanischen Freunde gegen sein Wissen für beendet erklärte. Als Ex-Chef des Kanzleramts war er für die Aktivitäten des BND und deren Zusammenarbeit mit ausländischen Geheimdiensten verantwortlich. Bis heute kommen Erkenntnisse über Schnüffeleien des US-Geheimdienstes ans Licht, wobei der Bundesnachrichtendienst dabei verdächtigt wird, den Amerikanern geholfen zu haben. Trifft das zu, dann wurde mit Billigung, Wissen und Unterstützung der damaligen Bundesregierung der NSA-Spionagehilfe zum Ausspähen des eigenen Regierungsapparates geliefert. 

Nach neuesten Informationen von WikiLeaks sind dabei neben der Kanzlerin auch Minister, Staatssekretäre und Spitzenbeamte der Bundesregierung umfassend und ausführlich durch den US-Geheimdienst ausgespäht worden. In einer jetzt öffentlich gewordenen Liste sind  69 Telefonnummern erfasst, knapp die Hälfte davon aus dem Wirtschaftsministerium. Bis in die 90iger Jahre zurück, so die Erkenntnis, wurde spioniert was das Zeug hielt. 

Den Amis geht es dabei, so wie sie sagen, lediglich um Gefahrenabwehr bei der Terrorbekämpfung. Dass aber ausgerechnet immer wieder deutsche Politiker und Wirtschaftsunternehmen im Raster landen, wundert schon. In Amerika verweist man auf die feinfühligen Systeme, die eben alles erfassen was Terrorgefahr verbirgt. Wenn dabei Siemens, die Kanzlerin und weitere Spitzen aus Politik und Wirtschaft erfasst werden, dürfen wir beruhigt davon ausgehen, dass so gut wie jeder Deutsche in den Geheimdienstarchiven des NSA gelistet ist. Bei allem was man gerade so von unseren Nachbarn hört, womöglich sogar jeder Europäer. 

Die Griechenkrise hat schon geholfen, dieses innenpolitische Debakel von der Kanzlerin fernzuhalten. Dass zwischen Athen und Brüssel gerade Sand im Getriebe steckt, passt ihr also gar nicht. Jetzt kommen die Themen wieder hoch, die längst ad acta gelegt waren oder zumindest gut verdrängt wurden. Der Gegenwind wird stärker, auch wenn die CDU nach neuesten Umfragen wieder mit ihrem Lieblingspartner FDP regieren könnte.

Noch ist es nicht so weit; auffällig allerdings die devote Haltung von SPD-Chef Sigmar Gabriel, der wohl gerne bis zur Rente als zweiter Mann im Staat beschäftigt sein will. Die Themen, die ihm Tag für Tag zugespielt werden, nutzt er nicht. Im Gegenteil; Seit an Seit mit Angela Merkel bekämpft er das fremde Böse, indem er ihr dabei hilft, aufkommende Luftblasen schonend zu vertreiben. Bloß nicht platzen lassen. Wenn Gabriel so weiter macht, und die Umfragen bestätigen das, dann wird der Begriff ˈGroße Koalitionˈ recht bald aus unserem Sprachschatz verschwinden. Die CDU hat dann die Wahl zwischen einer kleinen Koalition mit den Grünen, der FDP oder der SPD. 

Dabeisein ist wohl alles für Gabriel. Er sieht das ganz sportlich und sucht sein Heil in der Mitte. Doch diese ist lange schon von Frau Merkel besetzt, das aber ficht ihn nicht. Auch gutes Obst beginnt gerne am Kern an zu faulen; Gabriel scheint dies nicht zu wissen. Wie dem auch sei, weil er ihr mit dem Griechen- Problem sogar in ihrer eigenen Partei den Rücken freihält, kam es gestern überraschend zur koalitionsübergreifenden Einigung bei der Energiewende. 

Ähnlich wie im System Blatter gilt es auch in der deutschen Politik: eine Hand wäscht die andere. Im Innenverhältnis der CDU/CSU und SPD-Koalition allerdings funktioniert das so, dass die Sozialdemokraten der Union die Hände waschen und nicht umgekehrt. Bestes Beispiel dafür ist die Waschung der Vorratsdatenspeicherung. Gegen seine innere Überzeugung musste diese von Justizminister Maas vorgenommen werden.

Die SPD hat ihre Marke aufgegeben, und weil das so ist, wirds schwer werden, sich wieder neu zu definieren, geschweige denn die Transformation für die Probleme einer veränderten Gesellschaft zu vollziehen. Zugegeben, leicht ist das nicht. Der CDU aber, mit ihrem hohen Anteil von Ewiggestrigen, ist dieses bravourös gelungen. In Berlin stimmen deren Mitglieder heute über die Homo-Ehe ab. Der CDU-Landtagsabgeordnete Hans-Christian Hausmann wirbt mit seinem Konterfei sowohl auf der Wahlwerbung der Befürworter, als auch in der Broschüre der Gegner.  Einer, der bei Mutti gut aufgepasst hat.

Zum Schluss heute noch etwas Lustiges aus der Welt des Sports: Römer + Römer, die beide überhaupt nichts von Fußball halten, spielten uns folgendes Video zu: http://m.youtube.com/watch?v=8F9jXYOH2c0. Wenn die das witzig finden, haben auch sie von Mutti viel gelernt.
Viel Spaß beim Abspielen.