Michael Schultz Daily News Nr. 971

Michael Schultz Daily News Nr. 971

Berlin, den 6. Juli 2015

endlich ist es geschafft: seit 1881, dem Beginn der Wetteraufzeichnungen, wurde gestern im mainfränkischen Kitzingen mit 40,3 Grad die bisher höchste Temperatur gemessen. Der bestehende Hitzerekord wurde um 0,1 Grad geknackt. Das extreme Wetter wurde zur Belastung; unwetterartige Gewitter sorgten zwar für regionale Abkühlung, aber auch kleine Katastrophen. Im Südosten Bayerns soll apfelgroßer Hagel vom Himmel gefallen sein, anderswo wurden durch plötzlich aufkommende Sturmböen Bäume entwurzelt, die den Straßen- und Bahnverkehr vor Probleme stellten. Heute soll es ein wenig gemäßigter zugehen - die Temperaturen bleiben unter der 30 Grad Marke - morgen dafür geht es besonders im Osten noch mal Richtung 37/38 Grad, und ab Mittwoch wird es deutlich erträglicher. Temperaturen zwischen 24 und 28 Grad sorgen für frisches und angenehmes Sommerwetter.

 

Ganz großen Bahnhof für Burkhard Held gab es gestern in der Rostocker Kunsthalle. Knapp zweihundert Besucher kamen zur Eröffnung seiner Ausstellung 'Die Zeit ist sowieso ein Feind'; rund fünfzig davon sind per Sonderbus oder privat aus Berlin angereist. Seine Fangemeinde trotzte der Hitze und folgte dem Ruf an die Ostsee. Geboten wurde eine von Dr. Ulrich Ptak auf den Punkt zusammenstellte Ausstellung. Wieder einmal hat der Kunsthallen Chefkurator den Beweis abgeliefert, in der Werkauswahl und Hängung ein wahrer Meister zu sein. Zu sehen ist eine Topausstellung, deren Besuch sich allemal lohnt (noch bis zum 9. August 2015).
Von dort ist der Sprung zur Ostsee dann auch nicht mehr weit. Warnemünde, das Tor nach Skandinavien, lädt zur Stippvisite ein. Besonders der lange Strandstreifen am legendären ehemaligen Stasihotel 'Neptun'. Gelauscht und abgehört wird dort schon lange nicht mehr, dafür bietet das Hotel eine unter Kennern hochgelobte medizinische Bäderabteilung; im Besonderen die angebotene Thalasso Therapie. Zu den Gästen gehört auch Neo Rauch, der nach vierzig jähriger Abstinenz kürzlich wieder zurückkehrte. Im Gästebuch verewigt, lobt er Qualität und Service und kündigt sein baldiges Wiederkommen an.
Direkt gegenüber an der Strandseite des alten Kurhauses befindet sich eine Lokalität, über deren Existenz sich so manches westdeutsche Kurbad freuen würde. Das 'Paolo Scutarro' bietet nicht nur eine exzellente Küche; die Weinkarte stimmt, das Personal ist zuvorkommend und freundlich, und von der Terrasse aus gibt es einen einmaligen Blick auf die Ostsee. Ein kulinarisches Kleinod, welches vergessen lässt, dass dort vor 25 Jahren noch die Ostzone war.
Richtig mit der Hitze kämpften am Freitag die Dresdener. Zur Eröffnung der Ausstellung von Udo Nöger in der Kunsthalle im art'otel waren weitaus weniger Gäste anwesend; aber auch am Samstagabend in Berlin kamen zur Eröffnung von Maik Wolf und ebenso Udo Nöger deutlich weniger Besucher als sonst. Zu hören war, dass auch der Poststreik dafür verantwortlich gemacht werden kann; nur einem geringen Teil der mehr als sechstausend Adressaten wurden die Einladungskarten rechtzeitig zugestellt. Für die zu spät Bedachten sei hier der Hinweis erlaubt: es lohnt sich wirklich, die Ausstellungen zu sehen.
Heute mal zum Schluss noch einen kurzen Blick auf Griechenland: etwas über einundsechzig Prozent der griechischen Wähler haben sich für die Politik ihres Präsidenten entschieden. Ein klares nein gegen die Spar- und Reformauflagen Europas kam bei dem gestern abgehaltenen Referendum heraus. Brüssel ist geschockt; Tsipras triumphiert. Damit nun alles ganz schnell wieder zum Fluss kommt, die Banken mit frischen Euros versorgt werden, die Renten ausbezahlt werden können und ein wenig Normalität einkehrt, wurde Finanzminister Varoufakis geopfert. Er wird nicht mehr an den Verhandlungstisch zurückkehren; Bauernopfer für Merkel und Hollande. Ein kluger Schachzug der Griechen.

Angela Merkel und Co. stehen jetzt unter Zugzwang. Wenn es nach Tsipras geht, sind schon morgen die Weichen für eine Einigung mit den Geldgebern gestellt. Griechenland wird im Euro bleiben, soviel ist jetzt schon gesichert. Alle anderen Szenarien, im Besonderen die vom CDU Oberdampfplauderer Bosbach, dienen nur der Wichtigtuerei der Geschwätzigen.